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Amy by Susanne F

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Notes

Spoiler: Das Finale
„Hey, Amy. Wie war dein Tag?“ Jack McPhee war aufgestanden, um seine Ziehtochter zu begrüßen. Diese aber stürmte wortlos an ihm vorbei. Als Jack merkte, dass etwas nicht stimmte, packte er sie am Arm und hielt sie zurück.

„Amy? Was ist los?“ Er sah sie besorgt an.

„Gar nichts!“ Sie versuchte sich loszureißen, aber er hielt sie an den Armen fest und hinderte sie daran einfach davonzulaufen. Als Amy merkte, dass sie keine andere Wahl hatte als zu antworten, funkelte sie Jack wütend an. Erst jetzt merkte er, dass sie geweint hatte. Als sie sprach, klang sie zornig.

„Nichts ist los! Gar nichts! Nur, dass ich mich nicht mehr in der Schule sehen lassen kann ohne ‚Schwuchtel-Tochter’ und ähnliches genannt zu werden! Warum habt ihr mich aufgenommen und nicht ein ganz normales Paar, wie Pacey und Joey? Warum könnt ihr nicht auch normal sein!? Ich hasse euch!“ Nachdem sie ihrem Vater das ins Gesicht geschleudert hatte, riss sich das Mädchen los, rannte in sein Zimmer und warf die Tür mit einem lauten Knall ins Schloss.

Jack schaute ihr entgeistert nach. Dann drehte er sich zu seinem Lebensgefährten um, der hinter ihn getreten war.

“Hat sie das gerade wirklich gesagt, Doug?“ Als der Angesprochene nickte, seufzte Jack leise, schüttelte deprimiert den Kopf und ging an Doug vorbei in die Küche. Als Doug ihm folgte, saß Jack am Tisch. Das Gesicht in den Händen vergraben.

Weinte er?

Doug setzte sich neben ihn und legte seine Hand auf Jacks Arm. Als Jack den Kopf hob, sah Doug, dass er recht gehabt hatte. In Jacks Augen standen Tränen. Gerade als er etwas sagen wollte, hörten sie wie Amy ihr Zimmer verließ und in Richtung Haustür lief.

„Amy!“ Jack war aufgesprungen und auf den Flur hinausgestürzt, um sie daran zu hindern, das Haus zu verlassen. “Amy! Komm sofort hierher! Wage es nicht, das Haus zu verlassen!“

PENG! Die Tür war ins Schloss geworfen worden.

„Verdammt!“ Jack schlug mit der Hand gegen die Wand. Dann ging er in die Küche zurück und ließ sich in den Stuhl fallen. „Warum tut sie das!? Warum habe ich sie nicht mehr unter Kontrolle!?“

Doug hatte seinen Freund selten wütend gesehen. Bis jetzt war immer er der ‚böse’ Daddy gewesen. Jack war Amy gegenüber noch nie ausfallend geworden. Es war ihm immer schwer gefallen, mit ihr zu schimpfen oder sie gar zu bestrafen, und jetzt plötzlich war er so wütend auf sie!

Als Doug Jacks Hände nahm, schlug dessen Wut wieder in Trauer um. Doug wusste genau, was Jack verletzt hatte. Nicht, dass Amy ihn angeschrieen hatte, oder ihm sagte, dass sie ihn hassen würde. Nein. ‚Warum könnt ihr nicht normal sein?’ Dieser Satz machte Jack deutlich, dass sie sich für ihre Väter schämte. Amy hatte noch nie Probleme damit gehabt, dass sie von einem schwulen Paar aufgezogen wurde. Noch nie hatte ihr jemand deswegen das Leben schwer gemacht.

Oder, dachte Doug, vielleicht ist es uns nur nie aufgefallen...

„Jack, du darfst das nicht ernst nehmen. Amy ist fünfzehn. Da ist es doch ganz normal, dass man mal mit den Eltern aneinander gerät, oder?“

Jack lachte bitter. „Ja. Nur hätte ich nie gedacht, dass sie wegen dem gleichen Mist Probleme mit ihren Eltern hat, wegen dem ich welche hatte. Ich meine, dass ist jetzt mehr als zwanzig Jahre her! Ich bin damit im Reinen, du bist es – warum sie nicht?“

„Jack, sie verändert sich. Es ist doch klar, dass sie als Kind weniger darüber nachdachte, wer ihre Eltern sind. Und jetzt, da sie älter wird, wird ihr bewusst geworden sein, dass sich ihre Familie von denen der anderen Kids unterscheidet...“

Jack war aufgestanden und ging vor dem Tisch auf und ab. „Aber deswegen muss sie mich doch nicht hassen, oder? Ich hab sie nicht aufgenommen um sie zu quälen! Ich habe es getan, damit sie nicht in ein Heim gesteckt wird und ich habe es für Jen getan! Sie war mir mindestens genauso wichtig, wie es Amy heute ist!“

„Glaub mir, das weiß sie ganz genau. Sie weiß, dass du sie liebst und sie liebt dich auch. Sie wollte dich bestimmt nicht verletzen.“

„Das hat sie aber ...“

Doug nahm seinen Freund in den Arm.

„Danke, Doug.“

Doug lächelte ihn an. „Kein Problem.“

Jack trat einen Schritt zurück und fuhr sich mit der Hand über die Augen, um die Nässe der Tränen wegzuwischen, die immer noch auf seinem Gesicht lag.

„Ich geh jetzt ins Bett. Ich würde es nicht aushalten, sie heute noch mal zu sehen.“

Doug nickte. „Okay. Ich warte hier, bis sie wiederkommt.“

„Danke. Ich liebe dich, Doug.“

„Ich liebe dich auch. Aber geh jetzt schlafen, Jack.“

Jack drehte sich um und ging Richtung Badezimmer, während Doug sich eine Tasse Kaffee machte und sich im Wohnzimmer auf die Couch setzte, um auf Amy zu warten.



Es war zehn Uhr abends, als Doug hörte, wie die Haustür leise geöffnet und genauso leise wieder geschlossen wurde. Amy machte kein Licht und schlich auf Zehenspitzen in ihr Zimmer. Sie bemerkte nicht, dass Doug auf der Couch saß und sie beobachtete.

Nach wenigen Minuten stand Doug auf. Er hatte beschlossen mit Amy zu reden. Er hielt es nicht aus, dass sie Jack – wenn auch unabsichtlich – so leiden ließ.


Die Tür zu ihrem Zimmer stand einen Spalt breit offen. Er sah, dass sie gerade dabei war, sich zum Schlafen umzuziehen. Als sie fertig war, klopfte er leise an die Tür und betrat das Zimmer. „Amy?“

Sie drehte sich erschrocken zu ihm um. „Daddy! Du bist noch auf? Ich hab dich gar nicht gesehen.“

Doug musste innerlich lachen. Sie nannte ihn Daddy. Das tat sie sehr selten. Sie erwartete wohl eine Standpauke und wollte ihn damit beschwichtigen. Aber diesmal kam er nicht als ‚böser Daddy’, und somit war eine Beschwichtigung nicht nötig. Wenn sie auch funktioniert hätte...

„Wir müssen reden, Kleines.“

Amy entspannte sich sichtlich, als sie merkte, dass Doug nicht hier war, um sie zu schimpfen. Dazu schaute er viel zu gequält drein.

„Okay.“ Sie setzte sich in ihr Bett, Doug neben sie.

„Wo warst du?“

„Im Icehouse, bei Onkel Pacey. Und dann bin ich noch am Strand rum gelaufen.“

Eine kurze Weile sagte niemand etwas. Dann sah Doug dem Mädchen direkt ins Gesicht. “Du hast Jack sehr verletzt.“ Dieser Satz war einfach. Eine Feststellung. Aber er reichte schon aus, um Amy den Kopf senken zu lassen. „Ich weiß“, flüsterte sie.

„War dir eigentlich bewusst, was du zu ihm gesagt hast?“ Sie antwortete nicht. „Ich habe Jack noch nie so wütend gesehen. Aber er hat auch geweint. Deine Worte haben ihn tief getroffen.“ Doug zögerte. Konnte er es wagen, diese Frage zu stellen? „Amy, schämst du dich unseretwegen?“

„Nein!“ Das Mädchen sah ihn mit weit offenen, vor Tränen schimmernden Augen an. „Es war nur... die Schule. Es macht mich fertig, dass die Typen plötzlich anfangen mich zu hänseln, nur weil ich... bei euch lebe! Ich war so zornig und das habe ich dann an Daddy ausgelassen! Ich wollte ihm nicht absichtlich wehtun! Ehrlich!“

Doug nahm sie in den Arm und sie gab ihm einen Kuss auf die Wange. „Ich liebe euch beide, Doug. Und ich kann mir nicht vorstellen, in einer anderen Familie zu leben. Und ich will es auch gar nicht.“ Sie lächelte und Doug lächelte zurück.

„Schlaf jetzt, Kleines. Und versuch das alles zu vergessen.“

Amy nickte. „Gute Nacht, Daddy.“



Als Amy am nächsten Morgen in Richtung Küche ging fühlte sie sich elend. Die Wut, die sie noch vor wenigen Stunden gehabt hatte, war verflogen und hatte nur Schuldgefühle zurückgelassen. Sie blieb unbemerkt von Jack im Türrahmen stehen und beobachtete ihn, wie er am Tisch saß und die Arbeiten seiner Schüler korrigierte.

„Daddy?“ Amy ging langsam auf ihn zu. Vor dem Tisch blieb sie stehen und sah ihn an. Jack hatte den Kopf gehoben und sah sie an. Sie suchte nach Zeichen, ob er immer noch böse auf sie war, aber wenn da welche waren, fand sie sie nicht.

„Daddy, es tut mir leid. Ich wollte dir wirklich nicht wehtun. Das war keine Absicht! Es war nur weil ich in der Schule...“

Jack unterbrach sie. „Ich weiß. Doug hat mir von eurem Gespräch gestern erzählt.“

„Heißt das, du bist nicht mehr böse?“

Jack schüttelte den Kopf. „Nein. Jetzt weiß ich ja, dass du das nicht ernst gemeint hast.“ Er lächelte. „Ich sollte manchmal wirklich gleich auf Doug hören.“

„Wieso?“

„Er hat das prophezeit.“

Amy zog die Augenbrauen hoch. „Was? Dass ich in der Schule gehänselt werde?“

Jack schüttelte den Kopf. „Nein. Obwohl wir uns auch dessen bewusst hätten sein sollen... Nein, aber was ich meine ist, dass er mir gesagt hat, dass du das nicht so meinst, wie ich es verstanden habe. Du bist immerhin die Tochter von Jen Lindley. Und die hat immer gesagt, was sie dachte. Egal, wen sie damit verletzte.“

„Vielleicht bin ich da nicht ganz wie sie, sondern eher wie du?“

Jack lachte. „Zu irgendwas muss ich ja auch gut sein, nicht wahr?“

Sein Blick fiel auf die Wanduhr. „Und wenn wir uns nicht beeilen, werden wir beide zu spät zum Unterricht kommen. Und ich will wirklich nicht, dass du auch damit anfängst. Es reicht doch, wenn einer in der Familie ständig zu spät kommt, oder?“

Amy lachte und küsste ihren Vater auf beide Wangen. „Ich liebe dich, Daddy. Und diese ganze seltsame Familie.“ Sie sprang auf und lief in ihr Zimmer, um ihre Schulsachen zu holen. Jack ordnete seine Unterlagen und steckte sie in seine Tasche. Als Amy wiederkam, hatte Jack schon die Autoschlüssel in der Hand.

„Komm, Kleines! Ich will es einmal in meinem Leben schaffen, die Capeside High vor Stundenbeginn zu betreten!“

„Aber Daddy! Das geht doch nicht! Du kannst dich doch für diese Spießer nicht ändern! Das wäre doch viel zu schade um diesen großartigen Menschen.“ Sie zwinkerte ihm im Vorbeigehen zu und Jack lächelte.

Wenn auch nicht biologisch, aber sie war doch seine Tochter.



ENDE
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