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Moments of Joy by Putzi

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Notes

Spoiler: bis zu Paceys Geburtstag [The Te of Pacey]

Wäre euch dankbar, wenn ihr mir eure Meinung mitteilen würdet. ;)
~~~ A single Moment of true Joy is more powerful than a Lifetime of Sorrow ~~~


Es war komisch nach so langer Zeit wieder nach Capeside zurück zu kehren.

Sie hatte es die letzten Jahre entschieden vermieden hierher zu kommen, so war sie jetzt seit fast 3 Jahren nicht mehr in Capeside gewesen, abgesehen von ein paar Feiertagen, die sie mit ihrer Schwester, ihrem Schwager und deren Sohn verbracht hatte.

Sie war immer gleich wieder abgereist, wollte nicht an ihre Jugend erinnert werden oder mit irgendwelchen Entscheidungen konfrontiert werden, die sie getroffen hatte, als sie jung gewesen war.

Ihre Freunde von damals hatte sie so auch schon drei Jahre lang nicht mehr gesehen, sie alle hatten Capeside ebenfalls verlassen und nur Dawson hatte sie zufällig einmal auf der Straße getroffen, als sie für Bessie Einkäufe getätigt hatte.

Es hatte gut getan ihn wieder zu sehen, trotzdem hatte sie nie das Bedürfnis verspürt sich bei ihm oder einem der anderen zu melden. Bessie verstand bis heute nicht warum. Sie wusste nicht, was damals bevor sie nach Boston gegangen war, geschehen war, sie wusste nur, dass Pacey und sie sich getrennt hatten und dass Joey nicht gern über ihren letzten Sommer in Capeside sprach.

Sie fuhr an dem Schild vorbei, dass Besucher in Capeside willkommen hieß. Es hatte sich kaum etwas verändert, seit sie das letzte Mal hier gewesen war. Bessie hatte sie gebeten her zu kommen, weil Brody sich den Fuß gebrochen hatte und noch im Krankenhaus war und sie Hilfe mit der Pension brauchte und da Joey gerade sowieso Semesterferien hatte, hatte sie ihrer Schwester diese Bitte nicht abschlagen können.

Außerdem war sie, wenn sie ehrlich war, dankbar für diesen Urlaub von Boston, es war noch nicht mal einen Monat her, dass sie sich von ihrem Freund getrennt hatte. Es war nicht so, dass sie deswegen Liebeskummer hatte, sie war besser ohne ihn dran, aber eine Pause würde ihr dennoch gut tun.

Nach ein paar Minuten konnte sie durch die Bäume hindurch auch schon "Potters' Bed and Breakfast" sehen, ebenso wie den kleinen natürlichen Kanal, auf dem sie so oft hinüber zu Dawson's Zuhause gerudert war.

Sie parkte ihren Wagen ein paar Meter neben dem Haus und stieg aus. Kurz darauf kam auch schon Alexander angerannt, gefolgt von einem kleinen 5jährigen, blonden Mädchen.

"Tante Joey!" Alexander fiel ihr um den Hals, das Mädchen blieb in einem Meter Entfernung verlegen stehen.

Joey umarmte ihren Neffen und lachte, dann rannte er auch schon wieder ins Haus, nach seiner Mutter rufend. Das Mädchen blieb stehen, sah sie immer noch verlegen an. Joey lächelte und ging auf sie zu "Hi Diane, kennst du mich noch?". Das Mädchen nickte, immer noch verlegen.

Joey kniete sich vor ihr nieder. "Wie geht es deiner Mum und deinem Dad?"

"Gut", sagte sie knapp und lächelte. Joey musste wieder einmal feststellen, wie ähnlich sie in solchen Momenten Dawson sah. Kaum hatte sie diesen Gedanken zu Ende gedacht, lief Diane auch schon wieder davon ins Haus und rannte dabei fast Bessie um, die gerade aus der Türe kam.

"Joey, du bist aber früh, ich habe noch gar nicht mit dir gerechnet", sagte sie und umarmte ihre Schwester.

"Die Straßen waren frei", erwiderte Joey.

"Na, komm, lass uns erst mal reingehen." Bessie legte den Arm um sie und zog sie hinein.


***

Brodys Bein würde schneller heilen als angenommen und er würde schon bald wieder kochen können, wenn auch mit Gipsbein, so dass Joey nicht allzu lange hier bleiben musste.

Als sie am Nachmittag mit Alexander für Bessie einkaufen ging, traf sie Mrs. Ryan. Sie freute sich sehr Joey wieder einmal zu sehen, fragte sie, wie das Studium voranging, beschwerte sich darüber, dass Jennifer sie kaum noch besuchte und sprach ihr Bedauern aus, dass sich auch Joey und Jen seit dem Ende der High-School nicht mehr gesehen hatten.

Joey schien es, als wäre die alte Dame sehr einsam, seit Jen nicht mehr in Capeside war, als Mrs. Ryan bemerkte, dass sie sehr froh darüber war, dass Alexander und Diane sie hin und wieder besuchten und ihr Gesellschaft leisteten.

An der Kasse nervte Alexander sie damit, dass er unbedingt ein Magazin haben wollte, dass auf der Auslage lag. Sie ließ sich schließlich breitschlagen es ihm zu kaufen, damit er sie nicht mehr nervte.

Sie bezahlte und war gerade dabei ihre ganzen Einkäufe in den Papiertaschen zu verstauen, als Alexander auch schon glücklich mit seinem Magazin durch die Ladentür rannte.

"Alexander, warte!" Sie packte hastig den Rest ihrer Einkäufe zusammen und lief ihm dann schnellen Schrittes hinterher, drückte die gläserne Ladentüre auf und bemerkte wegen der Einkaufstüte, die sie auf dem linken Arm trug nicht, dass gerade in diesem Moment jemand an der Türe vorbei lief.

Sie schleuderte die Türe auf und hörte sogleich einen lauten Knall und ein Schmerzensschrei. Sie fuhr erschrocken zusammen, nahm die Tasche auf den anderen Arm und erblickte mit Schrecken den Mann, der auf dem Boden kniete und sich die Stirn hielt.

Ihre Hand hob sich entsetzt zu ihrem Mund und Alexander tauchte neben ihr auf und fing an zu lachen. Er fand den Unfall, den seine Tante verursacht hatte mehr als amüsant.

Joey sah ihm böse "Alexander!" und drückte ihm ihre Einkäufe in die Arme. Dann beugte sie sich zu dem Mann hinunter und griff nach seinem Arm um ihm aufzuhelfen.

"Oh mein Gott, es tut mir so leid, ist Ihnen etwas passiert?" Man hörte Joeys Stimme an, wie unangenehm ihr die ganze Sache war.

Der Mann ließ sich aufhelfen, entfernte seine Hand von seiner Stirn und sah diese an, als wolle er testen, ob er blutete. "Ich denke ich werde es überleben..." Er sah auf um sie anzulächeln.

Joeys Herz machte einen Sprung, als sie das Gesicht des Mannes sah und sie wusste nicht mehr, ob sie mehr geschockt war davon, dass sie jemanden umgeworfen hatte, oder davon wen sie umgeworfen hatte. Auch er schien sie zu erkennen, denn sein Gesichtsausdruck veränderte sich schlagartig und sie sahen sich für ein paar Minuten genau in die Augen.

Er fand als erstes seine Stimme wieder: "Joey?" Er richtete sich vollständig auf und sie zog ihre Hand zurück, mit der sie ihm hatte aufhelfen wollen.

"Und wieder einmal hast du mich total von den Füßen gerissen. Das ist wie Fahrradfahren, man verlernt es nicht, was?" Er versuchte zu lächeln.

Nun fand auch Joey ihre Stimme wieder: "Charmant wie immer, Pacey. Auf welchem Arsch haben deine Augen geklebt, so dass du nicht gesehen hast, dass ich die Türe aufgemacht habe?" Sie lächelte zynisch.

Pacey lachte kurz in sich hinein. Joey hatte sich nicht verändert, sie war noch immer so schlagfertig wie eh und je. "Wenn du es genau wissen willst: Auf den der hübschen Brünette da vorne..." Joey drehte sich wie im Reflex um und Pacey warf einen Blick auf ihren Po. "Er hatte irgendwie Ähnlichkeit mit deinem, jedenfalls so weit ich das beurteilen kann, ich hab dich ja seit drei Jahren nicht mehr gesehen."

Joey führ herum und funkelte ihn an. "Was tust du überhaupt hier?"

Pacey deutete auf sich. "Ich? Also sorry, wenn ich da was missverstanden habe, aber das hier ist eine öffentliche Stadt, noch dazu die, in der ich aufgewachsen bin und ich dachte eigentlich auch immer man könnte hier als normaler Bürger noch durch die Straßen gehen, ohne angefallen und niedergestreckt zu werden... anscheinend hab ich mich getäuscht." Er schaute demonstrativ auf die Tür, die Joey ihm vor nur wenigen Minuten gegen die Stirn geschleudert hatte.

Alexander stand immer noch mit der Einkaufstüte in der Hand neben Joey und fand das Schauspiel, dass sich ihm darbot mehr als abwechslungsreich.

"Die bessere Frage ist doch wohl, was du hier tust, schließlich hat man dich hier schon seit Jahren nicht mehr gesehen", führte Pacey seinen Satz zu Ende.

"Nur weil du mich nicht gesehen hast, Pacey, bedeutet das nicht, dass ich nie hier war", sie lächelte giftig. "Nicht, dass dich das was angehen würde, aber ich bin hier, weil ich meiner Schwester mit der Pension helfe."

"Ach, du meinst die Pension, die ich mit aufgebaut habe, mit dem weißen Gartenzaun außen herum, den ebenfalls ich gebaut habe?" Pacey sah sie herausfordernd an.

Joey schwieg eine Minute. "Es ist ja nicht so, als hättest du dafür nichts bekommen, oder Pacey?"

"Ach, und wofür hast du Dawson dann damals bezahlt?" Paceys Stimme war lauter geworden und die Unterhaltung bestand schon lange nicht mehr nur aus Sticheleien, sie war zu einem Streit geworden, der Joey mehr als bekannt vorkam. Genau diesen Streit hatten sie vor drei Jahren auch geführt, er war der Grund, warum sie nie versucht hatte ihre damaligen Freunde wieder zu sehen und der Grund, warum sie nie lange in Capeside gewesen war.

Und er führte in eine Richtung, in die sie nicht gehen wollte, er brachte sie in Teile ihres Herzens, die sie verschlossen hatte und die sie nie wieder öffnen wollte, weil es dort zu viele Wunden gab.

Sie sah ihm in die Augen, hielt seinem Blick stand, auch wenn Pacey genau sehen konnte, dass sie verletzt war, aber das störte ihn nicht, sie hatte ihn damals viel mehr verletzt.

"Lass uns gehen Alexander." Sie sagte die Worte, ohne den Blickkontakt zu Pacey abzubrechen. "Das mit der Tür tut mir leid. Falls du zum Arzt musst schick mir ne Rechnung." Ihre Worte waren kalt und man merkte genau, dass die Entschuldigung nicht ernstgemeint war und sie Pacey die Tür am liebsten noch mal auf die Stirn geschlagen hätte.

Sie drehte sich um und zog Alexander an der Hand hinter sich her zum Wagen, ließ ihn einsteigen, stieg dann selbst ein und fuhr davon. Pacey sah ihr dabei zu, wusste nicht recht, was er jetzt davon halten sollte.

Auf dem Weg zur Pension fragte Alexander sie, warum sie so unfreundlich zu Pacey gewesen war.

"Ich hätte nicht gedacht, dass du dich noch an ihn erinnerst", war alles, was sie sagte.

"Er arbeitet seit 2 Jahren wieder in Capeside. Ich hab ihn ein paar mal gesehen, als ich zur Schule gegangen bin, wusste aber nicht genau, woher ich ihn kenne. Einmal hat er mich angesprochen und Hallo gesagt und gefragt, wie es Mum geht... und wie es dir geht und da wusste ich wieder, wer er war..."

Joey erwiderte nichts, sie konzentrierte sich versessen auf die Straße und tat so, als würde sie nichts mitbekommen. Alexander wartete noch ein paar Minuten in der Hoffnung eine Reaktion von ihr zu bekommen, dann sah er aus dem Fenster den Bäumen zu, an denen sie vorbei fuhren.

***

Joey vermied es die nächsten Tage hinein nach Capeside zu gehen, vor allem in die Nähe des Ladens, in dem Pacey laut Alexander jetzt arbeitete. Es war der Laden des Schreiners, bei dem auch sie damals ein paar Möbel für die Pension gekauft hatten, zwangsläufig, weil es der einzige Schreiner in Capeside war.

Joey musste zugeben, dass sie zu gerne gewusst hätte, was zum Teufel Pacey dazu getrieben hatte zurück nach Capeside zu kommen und Schreiner zu werden, seinen Eltern und vor allem seinem Vater den Triumph zu gönnen, dass er es zu nichts besserem gebracht hatte.

Soweit Joey sich erinnerte, hatte Pacey auch vorgehabt auf ein College zu gehen, er hatte auch ein paar Zusagen bekommen...

An diesem Abend saß sie in ihrem Zimmer und sah aus dem Fenster, hinaus auf das Wasser, das sich in der Dämmerung rötlich färbte... und willkürlich kam die Erinnerung an den Tag zurück, an dem alles auseinander gebrochen war.

Dawson hatte ihnen allen mitgeteilt, dass er die Zusage für das Filmstudium in LA bekommen hatte und dass er schon am morgigen Tag abreißen müsse. Sie wusste noch genau, wie sie sich an diesem Tag gefühlt hatte, all die Erinnerungen und Gefühle, die sie mit Dawson verband, all die Dinge die sie erlebt hatten und die Empfindungen, die sie für Dawson gehabt hatte, waren auf sie eingebrochen und ohne nachzudenken war sie über das Dach in sein Zimmer gestiegen und hatte ihm gestanden, wie sie sich fühlte. Und dann hatten sie sich geküsst.

Beide von ihnen hatten gewusst, dass es falsch war, Joey wusste, dass sie glücklich mit Pacey war, dass sie ihn mehr liebte als jeden anderen und dennoch stoppte es keiner der beiden. Joey hatte sich danach so oft gefragt, was mit ihr an diesem Tag losgewesen war, was sie zu diesem dummen Schritt gebracht hatte, aber sie wusste es nicht, sie konnte nicht mehr sagen, warum sie diesen schlimmsten Fehler ihres Lebens begangen hatte.

Irgendwie waren sie auf dem Bett gelandet und hatten sich gegenseitig ausgezogen und gerade in diesem Moment war Pacey herein gekommen, weil er sich auch noch mal von Dawson hatte verabschieden wollen und die Streitereien, die sie in der Vergangenheit gehabt hatten vollends aus dem Weg hatte räumen wollen.

Das war der schrecklichste Moment ihres Lebens gewesen. Sie hatte sich nie schmutziger und schuldiger gefühlt als in diesem Augenblick und als sie damals in Dawsons Bett saß, ihr Lippenstift verschmiert und das Laken an sich gerissen, den Schmerz in Paceys Augen sah und wie etwas in ihm zerbrach, wie geschockt und verzweifelt Dawson aussah, wusste sie, dass das das Ende war. Dass sie ihre große Liebe verloren hatte und es nie wieder so sein würde wie früher. Und sie wusste nicht einmal, warum sie das getan hatte, warum sie all ihr Glück und ihre Hoffnungen in die Zukunft verspielt hatte.

Pacey war gegangen, ohne ein Wort und sie hatte sich schnell angezogen und war ihm nachgerannt. Sie hatten den schlimmsten Streit, den Joey jemals in ihrem Leben gehabt hatte, Pacey warf ihr vor, dass sie ihn immer nur benutzt hatte, dass sie Dawson immer geliebt hätte und es gut wäre, dass er das jetzt erkennen würde und nicht erst, wenn sie vielleicht verheiratet waren und Kinder hatten und dass so alles wieder seinen richtigen Weg gehen würde, dass die "Seelenverwandten" endlich wieder zusammen seien und sie immer nur ein Unfall gewesen wären, eine Laune der Natur, die nie hätte geschehen dürfen.

Nichts was Joey gesagt hatte, hatte ihn beruhigen können und sie wusste, dass es keine Chance mehr für sie gab und irgendwann erwachte ihre sture Ader und sie fing an auch ihm Vorwürfe zu machen, Gründe zu nennen, wie er sie zu diesem Fehler mit Dawson getrieben hatte und schließlich ging er und ließ sie weinend zurück. Dies war das letzte Mal gewesen, dass sie sich gesprochen hatten.

Sie war diese Nacht noch lange auf der Wiese gesessen und hatte geweint. Drei Wochen später war sie nach Boston gefahren, ohne ein Auf Wiedersehen oder ein weiteres Gespräch... bis zu diesem Zusammentreffen vor dem Supermarkt.

Die Erinnerungen und der Schmerz hatten gar keine Zeit gehabt wieder in ihr hoch zu steigen, als sie ihn schließlich erkannt hatte und so gesehen war das Gespräch zwischen ihnen recht friedlich verlaufen. Joey hoffte, dass sie ihn während ihres Aufenthaltes in Capeside nicht noch einmal sah, sie hoffte, dass sie ihn nie wieder sah.

Sie hatte ihre Gefühle und ihren Schmerz und all das, was sie in und vor dieser Nacht für Pacey gefühlt hatte fest verschlossen, aber sie wusste nicht, wie viele Zusammentreffen mit ihm sie überstehen würde, bis diese Gefühle wieder anfingen an ihrem Gefängnis zu rütteln und zu versuchten auszubrechen.

"Joey!", hörte sie Bessie rufen. "Kommst du bitte runter zum essen?"

Sie stand auf und wischte die Gedanken an diesen Tag vor drei Jahren beiseite, ging nach unten und half Bessie noch den Rest des Tisches zu decken.

Als sie alle am Tisch saßen - Brody war inzwischen auch wieder zu Hause und hatte seinen Fuß auf einen Schemel unter dem Tisch gelegt - richtete sich Bessie an sie: "Alexander hat erzählt ihr hättet Pacey vor ein paar Tagen beim einkaufen getroffen", Alexander blickte abschätzend zu Joey hinüber, ob sie ihm deswegen böse war, "Warum hast du nichts erwähnt?".

Joey nahm sich die Schüssel mit Salat und schöpfte sich etwas davon auf den Teller. "Ich hielt es nicht für wichtig", sagte sie und sah dabei nicht auf.

"Ihr habt euch gestritten?", bohrte Bessie weiter.

Jetzt sah Joey auf, blickte kurz zu Alexander hinüber, der peinlich berührt seinen Kopf einzog, sagte aber nichts.

"Du hast mir nie erzählt, was damals passiert ist, als ihr euch getrennt habt", sagte Bessie wie beiläufig.

"Gibst du mir bitte das Brot, Alexander?" Ihre Stimme klang gereizt. Dann sah sie Bessie an. "Ich hab auch jetzt nicht vor es dir oder euch zu erzählen, also können wir bitte das Thema wechseln?" Sie nahm sie zwei Scheiben Brot und donnerte sie regelrecht auf den Teller.

Bessie schien etwas erwidern zu wollen, überlegte es sich dann aber doch anders. Den Rest des Abendessens nahmen sie fast schweigend zu sich.

***

Als Joey am nächsten Morgen aufwachte, ahnte sie schon irgendwie, dass der Tag kein guter werden würde. Sie stand auf und ging in die Küche, wo ihr Bessie eine Tasse Kaffee entgegen hielt. "Danke", sagte sie und lächelte, ehe sie sich an den Küchentisch setzte und sich die Zeitung ansah.

Bessie beobachtete sie ein paar Minuten von der Spüle aus, dann folgte sie ihr an den Küchentisch und legte vor sie einen Brief auf den Tisch. Joey sah von der Zeitung auf, erst ihre Schwester an und dann hinunter auf den weißen Umschlag.

"Der war heute Morgen für dich in der Post." Bessie lächelte und ging dann wieder zurück in die Küche.

Joey legte die Zeitung beiseite und nahm stattdessen den Brief zur Hand, wunderte sich, wer denn noch ihre alte Adresse nutzte, um sie anzuschreiben, drehte ihn um, um zu sehen, ob auf der Rückseite noch etwas stand und registrierte, dass der Brief von einer Kanzlei Gerok & Wallace war.

Sie runzelte die Stirn und öffnete ihn, zog das eigentliche Dokument heraus und las.


Sehr geehrte Ms. Potter,

Ich setze Sie hiermit davon in Kenntnis, dass mein Mandant, Pacey Witter, Anzeige wegen mutwilliger Körperverletzung gegen Sie erhoben hat.

Er muss seit dem Zeitpunkt des Zusammentreffens mit Ihnen eine Halskrause tragen und hat ernsthafte Schäden im Bereich der Wirbelsäule sowohl eine leichte Gehirnerschütterung und eine Platzwunde im Bereich der Schläfen musste genäht werden.

Wir werden einen Schmerzensgeldausgleich fordern sowie die vollständige Übernahme der aufkommenden Arztkosten, die durch die Verletzungen, die Sie ihm zugefügt haben entstanden sind, sowohl als auch die Arztkosten für sämtliche Folgeerkrankungen.

Wir bitten Sie hiermit sich mit unserem Büro in Verbindung zu setzen, um entweder eine außergerichtliche Einigung zu erzielen, oder um einen Gerichtstermin festzulegen.

Mit freundlichen Grüssen
James Gerok i.A. Pacey Witter


Joey war nicht sicher, ob sie lachen, oder einen Wutausbruch bekommen sollte. Was dachte sich Pacey eigentlich damit? Das war ja wohl ein schlechter Scherz!

Sie stürzte ihre Tasse Kaffee mit einem einzigen Zug herunter und stellte die sie dann lautstark wieder auf den Tisch. "Das bedeutet Krieg!", murmelte sie.

Bessie sah auf. "Was ist los?"

Joey erhob sich und ging in Richtung ihres Schlafzimmers, um sich anzuziehen, während sie zu Bessie nur sagte: "Ich muss noch mal weg, jemand hat darum gebeten, dass ich ihm das letzte bisschen Verstand aus dem Gehirn prügle!"

Bessie sah ihr verwirrt hinterher, als sie nach draußen stürmte und lautstark mit ihrem Auto davon fuhr.

***

Pacey war gerade dabei ein Werkstück zu vermessen, als die Türe aufbarst und Joey wie eine Furie hereinstürmte.

"Was denkst du dir eigentlich dabei, du verdammter Mistkerl!" Sie stürmte in direktem Kurs auf ihm zu und Pacey flüchtete schnell hinter den Tresen.

"Komm her, damit ich dir zeigen kann, was mutwillige Körperverletzung ist, du verlogenes... du... du... du..."

"Ja, ich freue mich auch dich zu sehen, Joey." Er grinste.

Kaum war sie hinter der Theke flüchtete Pacey auch schon wieder auf die andere Seite, immer darauf bedacht den großen wuchtigen Tisch zwischen sich und ihr zu haben.

"Bleib gefälligst stehen!", fauchte Joey und wechselte die Richtung in der Hoffnung er würde ihr so in die Arme laufen.

"Weißt du, genau genommen dürfen Kunden gar nicht auf diese Seite der Theke...", meinte Pacey und grinste selbstgefällig.

"Du...!" Joey versuchte seinen Arm über den Tisch hinweg zu erhaschen, aber Pacey wich gerade noch rechtzeitig zurück.

"Ha, daneben", sagte er grinsend. Er schien das ganze für ein Spiel zu halten, doch Joey war fest entschlossen ihn umzubringen.

Sie funkelte ihn an. "Du wirst jetzt zu deinem netten Anwalt gehen und die Anzeige zurück ziehen, sonst schwöre ich dir, dass du keine ruhige Minute mehr haben wirst!"

"Wooohoo... Jetzt kommt zu der Körperverletzung auch noch Androhung von Terrorisierung."

Joey schnappte sich kurzerhand eines der Bretter, die hinter ihr standen und versuchte damit nach Pacey zu schlagen. Sie rannten wieder um die Theke herum, nur dass Joey diesmal ein Brett um sich herum schleuderte. Wäre in diesem Moment ein Kunde in den Laden gekommen, er hätte sich wohl vor Lachen am Boden gekrümmt.

"Joey! Jo, hör auf damit, das ist gefährlich!" Pacey lachte zwar immer noch belustig, realisierte aber schon mehr die Gefährlichkeit der Situation.

"Das ist auch Sinn der Sache! Ich habe keine Hemmungen dich damit zu erschlagen, also bleib gefälligst stehen!", rief Joey, aber Pacey blieb natürlich nicht stehen.

"Und nenn’ mich verdammt noch mal nicht Jo!" Joey schlug ein weiteres Mal nach ihm. Das Brett knallte auf die Theke, splitterte und brach in der Mitte auseinander.

"Deine Vorstrafenlatte wird immer länger, erst Körperverletzung, Hausfriedensbruch, dann Androhung von Terrorisierung und jetzt auch noch Sachbeschädigung!" Pacey grinste, auch wenn er sich lieber nicht vorstellen wollte, was geschehen wäre, hätte sie ihn mit diesem Schlag getroffen.

Sie ließ den Rest des Brettes fallen und sah ihn über die Theke hinweg ernst an. Sie zählte innerlich auf 10, versuchte sich wieder etwas zu fangen und meinte dann in dem ruhigsten Ton, den sie hinbrachte: "Pacey, du weißt genau, dass du damit vor Gericht nicht durchkommen würdest. Ein Schwerverletzter, wie du es laut dieses Schreibens von deinem Anwalt ja bist, kann ganz sicher nicht SO vor mir weg laufen! Und eine Halskrause sehe ich auch nicht!"

"Die liegt da hinten in der Garderobe. Es juckt so, wenn da Holzspäne rein kommen."

Ein paar Sekunden sahen sie sich in die Augen. Pacey benahm sich wie ein kleines Kind, so wie er sich eben schon immer benommen hatte... und das mit 21 Jahren!

"Ich könnte ja versuchen dich wegen Herzbrecherei zu verklagen", meinte er schließlich ziemlich ruhig und ernst.

Joey verdrehte innerlich die Augen. Sie hätte wissen sollen, dass es wieder darauf hinauslaufen würde. "Warum musst du wieder davon anfangen? Meinst du mein Herz war nicht gebrochen? Hab ich nicht tausendmal versucht mich zu entschuldigen?"

"Dein Herz sah aber an dem Abend in Dawsons Bett nicht gebrochen aus. Und bist du vielleicht einmal auf den Gedanken gekommen, dass Entschuldigungen zu diesem Zeitpunkt völlig nutzlos waren? Aber du musstest ja davon rennen, nach Boston, du hattest gar kein Interesse daran noch mal mit mir zu reden, oder dich zu entschuldigen."

"Das war doch genau das, was du gewollt hast! Du hast immer nur nach dem Beweis dafür gesucht, dass ich noch immer an Dawson hänge, ständig hast du es mir vorgeworfen, es bei jedem Streit wieder auf diesen Punkt gebracht und als du dann endlich den Beweis hattest, hast du dich ja so was von bestätigt gefühlt, ich hätte nichts sagen können, um dich von dieser Vorstellung abzubringen. Ja, Pacey Witter hatte wieder einmal recht, Applaus, das war alles, was gezählt hat."

Sie sahen sich wieder in die Augen. Joey spürte, wie genau das, wovor sie sich noch am Tag zuvor gefürchtet hatte, nämlich dass ihre Gefühle versuchten erneut auszubrechen, jetzt eintraf.

Sie spürte, wie der ganze Schmerz wieder in ihr aufkam. Am liebsten hätte sie sich umgedreht und wäre gegangen. Sie war den Tränen schon gefährlich nahe und sie wollte ihm nicht den Triumph geben vor ihm zu weinen - wieder. Aber er hatte recht, dann wäre sie wieder davon gerannt und das war sie in ihrem Leben schon viel zu oft.

Pacey sah sie an, ihre langen braunen Haare, die er so geliebt hatte, die braunen Augen, die oft so viel Freunde ausstrahlen, aber auch mehr Funken und Hass versprühen konnten, als jede anderen Augen, die er je gesehen hatte. Er hatte nie aufgehört sie zu lieben, er hatte nur versucht sie für das, was sie getan hatte zu hassen.

Jetzt, drei Jahre später war der Schmerz und all das, was er in der Nacht, als er sie und Dawson zusammen im Bett gesehen hatte, gefühlt hatte zwar immer noch da, aber er konnte alles, alles, außer Joey zu hassen.

Er riss sich von ihren Augen los und räusperte sich. Seit ihrem letzten Satz waren ein paar Sekunden vergangen und plötzlich fand er es absolut lächerlich, dass er sie hatte anzeigen wollen, dass er einen Anwalt eingeschaltet hatte, den er wahrscheinlich nicht mal bezahlen konnte, wenn es wirklich zu einer Gerichtsverhandlung kam.

"Ich werde die Anzeige zurückziehen", sagte er und ging an ihr vorbei in den hinteren Teil der Werkstatt. "Auf Wiedersehen, Joey."

Joey blickte ihm perplex hinterher, versuchte zu realisieren, was gerade geschehen war, warum er so schlagartig seinen Standpunkt geändert und nachgegeben hatte... Pacey gab nie nach. Der Pacey, den sie gekannt hatte, hatte nie nachgegeben.

Sie sah ihm noch ein paar Sekunden von hinten zu, wie er weiter das Werkstück vermaß, das er schon bei ihrer Ankunft vermessen hatte und bewegte sich dann auf den Ausgang zu.

Sie öffnete die Türe und sah dann nochmals zu ihm hinüber. "Danke."

Es kam keine Reaktion.

"Auf Wiedersehen... Pace..." Dann ging sie und fuhr kurze Zeit später davon.

Pacey lehnte sich mit dem Rücken gegen den Tisch, an dem er arbeitete. Sie hatte ihn Pace genannt... So hatte ihn schon seit zu langer Zeit niemand mehr genannt...

Pacey fragte sich selbst, ob er sich vielleicht nur zu dieser idiotischen Anzeige entschlossen hatte, um sie nochmals wiederzusehen. Um nicht wieder drei Jahre oder länger einem Phantom hinterher zu jagen.

Er wusste es nicht mehr. Tatsache war, dass Joey recht hatte, er wäre mit einer Klage nie durchgekommen, er war nie ernsthaft verletzt gewesen, jedenfalls nicht so schwerwiegend, wie es sein Anwalt beschrieben hatte und wäre es zu einer Verhandlung gekommen, hätte das jeder halbwegs gute Arzt nachweisen können.

Er konnte nicht leugnen, dass seit dem Zusammentreffen mit ihr ein paar der alten Gefühle wieder aufgekommen waren, aber sie hatte ihn verletzt, sehr verletzt und er konnte nichts anderes, als ihr das jedes Mal, wenn sie sich sahen wieder vorzuwerfen. Vielleicht stritt er sich auch einfach zu gerne mit Joey, es erinnerte ihn an die alten Zeiten, als sie sich noch wie die Pest gehasst hatten und das einzige, was sie verbunden hatte Dawson gewesen war.

So konnte es natürlich nie zu einem normalen Gespräch kommen. Pacey musste zugeben, dass er zu gerne hätte erfahren wollen, wie ihr Leben jetzt aussah, ob sie wieder einen Freund hatte, wie es mit der Schule lief...

Aber wahrscheinlich würde er sie sowieso nicht noch einmal sehen, er hatte seine letzte Chance auf ein Gespräch vergeben, auch wenn der Grund weshalb sie hergekommen war, wahrscheinlich nicht gerade der beste für ein friedliches Gespräch gewesen war.

Er zwang sich Joey wieder aus seinen Gedanken zu verdrängen und widmete sich erneut seinem Werkstück, mit dem er nun in den hinteren Teil der Werkstatt ging.

***

Am Abend saß Joey an ihrem Platz auf dem Steg, ließ die Beine ins Wasser baumeln und dachte nach.

Seit sie wieder in Capeside war, war die Vergangenheit näher denn je und sie fing wieder an sich Vorwürfe zu machen. Alles hätte so perfekt sein können, aber sie hatte alles kaputt gemacht.

Sie hörte, wie sich ihr jemand auf dem Steg näherte und drehte sich um. Ihre Schwester lächelte ihr entgegen und kam weiter auf sie zu. Joey lächelte zurück und wartete darauf, dass sich Bessie neben sie setzte.

"Was bedrückt dich, Joey?", fragte sie und legte den Arm um ihre Schwester.

Joeys Blick schweifte in die Ferne. "Wie kommst du darauf, dass mich etwas bedrückt?"

"Ich bin deine Schwester", sagte Bessie selbstverständlich, "außerdem würde selbst ein Blinder sehen, dass dich etwas beschäftigt."

Joey seufzte. "Ich weiß es auch nicht, Bessie. Seit ich wieder hier bin, ist es so, als würde mich die Vergangenheit einholen. Ich erinnere mich an Sachen von denen ich dachte ich hätte sie tief in meinem Herzen vergraben... und ich vermisse zum ersten Mal seit drei Jahren meine Freunde..."

"Ist es, weil du Pacey gesehen hast?", fragte Bessie.

Joey sah hinunter auf ihre Hände und spielte mit dem kleinen silbernen Ring an ihrer rechten Hand. "Ich weiß es nicht, vielleicht."

"Ich weiß, du willst nicht darüber reden, was damals passiert ist, aber wenn du deine Meinung änderst... ich bin für dich da." Joey lächelte. "Aber ich denke du solltest nochmals mit Pacey reden... schließlich... hast du ihn einmal geliebt."

Joey sah wieder hinunter aufs Wasser. "Bisher hat jedes Gespräch, das ich mit ihm geführt habe in einem Streit geendet. Ich will das nicht noch einmal, ich will nicht wieder und wieder an meine Fehler erinnert werden, nicht wieder und wieder dafür angeschrieen und bestraft werden."

Bessie nickte verständnisvoll. "Es bleibt deine Entscheidung."

Ein paar Sekunden herrschte Stille.

"Na komm, lass uns rein gehen und hilf mir beim Abendbrot." Bessie lächelte aufmunternd, stand dann auf und reichte Joey die Hand, um ihr aufzuhelfen.

***

Am nächsten Tag hatte Alexander ein Schulfest. Bessie musste mit Brody zur Nachuntersuchung ins Krankenhaus fahren, also ging Joey mit Alexander hin.

Sie betrat zum ersten mal seit drei Jahren wieder die Capeside High, was ihrem derzeitigen Gefühlszustand, der da war, dass sich zu viele Gefühle und Gedanken der Vergangenheit in ihrem Kopf befanden, nicht gerade zu Gute kam.

Alexanders Klasse führte ein Theaterstück auf, das schon sie hatte aufführen müssen. Alexander hatte nur eine Nebenrolle, die eines Händlers, aber dennoch war sie stolz auf ihren Neffen.

Sie traf Gale und Mitch Leery, die zusammen mit Diane da waren und auch Mrs. Ryan, die sich eine solche Veranstaltung natürlich nicht entgehen ließ.

Gale meinte, dass sie sie, Bessie, Brody und Alexander in nächster Zeit noch zum Essen einladen wolle und dass Diane erzählt hätte, dass sie wieder da sei, sie aber einfach noch keine Zeit gefunden hätte Hallo zu sagen.

Alexander verschwand nach einer Weile mit ein paar von seinen Freunden und Joey beschloss sich auf dem Schulhof auf einer Bank nieder zu lassen, um etwas aus dem Trubel raus zu kommen, auch wenn dort ebenfalls viel Betrieb herrschte.

Sie setzte sich, schloss die Augen und versuchte dem Rascheln der Blätter zu lauschen und den Lärm, den all die Menschen verursachten zu überhören und für einen Moment war sie wieder 17 Jahre alt und ging auf der Capeside High zur Schule.

"Darf ich mich zu dir setzten?", schreckte sie Plötzlich eine Stimme aus ihren Gedanken und als sie die Augen öffnete, sah sie in das Gesicht von Pacey.

Es musste schon Schicksal sein, dass sie sich drei Jahre lang nicht gesehen hatten und jetzt in einer Woche gleich dreimal.

Sie richtete sich wieder etwas auf. "Um zu streiten musst du nicht sitzen", meinte sie und sah hinüber zu den Menschenmassen, die sich vor dem Eingang der Schule und am Kuchenbuffet tummelten.

"Ich will mich nicht streiten." Paceys Worte klangen ernst und Joey sah ihm ein paar Sekunden prüfend in die Augen, dann wandte sie sich wieder ab, weil ihr sein Blick unangenehm war, sie hatte das Gefühl als könne er damit bis in ihre Seele sehen, machte jedoch eine einladende Geste auf dem Platz neben ihr und meinte: "Bitte".

Pacey setzte sich. "Ich hab Alexander auf der Bühne gesehen - er war gut."

"Er war ein Händler und hatte nur vier Sätze zu sagen", meinte Joey, sicher, dass Pacey das Stück nicht einmal gesehen hatte.

"Manchmal sind es die kleinen Rollen, die am meisten aussagen", meinte Pacey.

Joey sah ihn an. "Du hörst dich an wie Dawson." Kaum hatte sie die Worte gesagt, bereute sie es auch schon. "Entschuldige, ich wollte dich nicht mit Dawson vergleichen, ich dachte nur..."

"Schon in Ordnung", unterbrach er sie, "du hast recht, ich höre mich an wie Dawson."

Sie lachten einander an.

"Was tust du hier, Pacey? Sehnsucht nach der Schule, oder hast du einen Bruder von dem ich nichts weiß, der noch zur Schule geht?" Joeys Stimme klang ehrlich interessiert.

"Vielleicht hab ich ja auch eine Schwester...", meinte Pacey lachend und Joey strafte ihn mit einem skeptischen Blick. "Ich hab dabei geholfen die neuen Kulissen zu bauen und wollte mir ansehen, was sie damit machen."

Joey nickte verstehend.

"Ich hätte nicht gedacht, dass ich dich noch mal wiedersehe...", gab er zu.

Joey sah wieder zu ihm hinüber. "Ich auch nicht. Aber ich war nach unserem letzten "Gespräch" auch nicht sonderlich scharf auf ein weiteres Zusammentreffen." Sie suchte seinen Blick, wandte ihren jedoch gleich wieder ab, um erneut hinüber zum Eingang zu schauen.

"Es tut mir leid, Joey", sagte er nach einer Weile.

Sie sah überrascht zu ihm auf. Pacey Witter entschuldige sich bei ihr? "Was tut dir leid?"

"Ich meine, du hattest recht, es ist drei Jahre her und... ich konnte einfach nicht... außerdem war das mit dem Anwalt wirklich eine dumme Idee, ich weiß auch nicht, was da mit mir los war." Nun blickte er hinüber zur Schule.

"Du musst dich nicht entschuldigen, Pacey", sagte sie nach ein paar Sekunden. "Ich hab dich verletzt und so etwas verjährt nicht... und ich bin dir auch nicht gerade freundlich entgegen getreten."

Er sah wieder zu ihr hinüber, ihr direkt in die Augen und dieses Mal hielt sie seinem Blick stand. So verweilten sie einige Zeit.

"Ich... muss jetzt wieder an die Arbeit." Er stand auf. "Aber... darf ich dich heute Abend zum Essen einladen? Ein wenig darüber reden, was in den letzten drei Jahren so geschehen ist... - ohne zu streiten?" In seinem Blick schimmerte Hoffnung und Bitten.

Joey war nicht sicher, ob sie die richtige Entscheidung traf, aber sie sagte zu. Sie lächelten sich nochmals an und Pacey versprach sie um acht Uhr abzuholen, ehe er ging, sich nach ein paar Metern nochmals umdrehte und dann zum Parkplatz lief.

***

Bessie verkniff es sich, irgendeine Bemerkung zu machen, als Pacey sie abholte. Joey hatte ihr nicht erzählt, mit wem sie ausgehen würde und ihr lag so mancher Satz auf der Zunge, als sie sah, dass es Pacey war, aber sie hielt es für besser zu warten, bis ihre Schwester von sich aus zu ihr kam um ihr etwas zu erzählen, das hatte sie in all den Jahren in denen sie sich um Joey gekümmert hatte gelernt.

Es war ungewohnt und irgendwie komisch den Weg zu "Potters' Bed and Breakfast" zu fahren, vor der Türe zu stehen, zu klopfen und zu warten, dass Joey heraus kam. Er fühlte sich länger als nur ein paar Minuten, als wäre er wieder 18 und sie wären noch immer zusammen...

Er lief nervös auf der Veranda hin und her, sich bewusst, dass Bessie ihn durch das Küchenfenster beobachtete, so wie sie es auch früher immer getan hatte, wenn er Joey abgeholt hatte.

Die Zeit kam ihm wie eine Ewigkeit vor, bis Joey endlich nach draußen kam. Sie standen sich ein paar Sekunden schweigend gegenüber und Pacey fühlte sich wieder wie vor drei Jahren, wäre am liebsten zu ihr hinüber gegangen, hätte sie in den Arm genommen und sie geküsst.

Aber er war nicht mehr 18. Sie war nicht mehr 17 und sie beide lebten nicht mehr das selbe Leben, wie sie es damals gelebt hatten. Es war zu viel geschehen, zu viel Schmerz zugefügt worden und zu viel Zeit vergangen.

Er zwang sich in die Gegenwart zurückzukehren und lächelte sie an, dann bot er ihr seinen Arm an und als sie ihn lächelnd ergriff, meinte er: "Okay, wo willst du heute Abend hin?"

Joey zuckte mit den Schultern. "Ich weiß nicht."

Er öffnete ihr die Beifahrertüre und Joey stieg mit einem anerkennenden Blick über seine Manieren ein, dann schloss er die Türe, lief um seinen Wagen herum und stieg selbst auf der Fahrerseite ein.

Er startete den Wagen. "Bist du hungrig?" Er drehte sich um, fuhr rückwärts aus der Einfahrt heraus und dann die Straße entlang, die nach Capeside hinein führte.

"Es geht... ich meine, es ist nicht so, dass ich jetzt noch eine richtige Malzeit bräuchte, aber gegen einen kleinen Snack hätte ich nichts einzuwenden." Sie lächelten sich kurz an.

Pacey parkte den Wagen in der Nähe der Hafenpromenade und sie beschlossen im "Jons’" erst mal einen Kaffee zu trinken.

Sie suchten sich einen Platz in der Ecke, von dem aus sie durch das Fenster die Straße beobachten konnten und bestellten ihren Kaffee.

Dann saßen sie sich für ein paar Sekunden schweigend gegenüber.

"Man sollte meinen wir hätten uns nach drei Jahren mehr zu erzählen", scherzte Pacey über die Stille.

Joey lächelte ihn an und spielte mit ein paar Zuckerkörnern, die auf dem Tisch verteilt waren. "Das schon, es ist nur so schwer einen Anfang zu finden."

Pacey nickte. "Warum... ähm... wie läuft’s mit dem Studium?" Pacey versuchte verzweifelt ein unverfängliches Gesprächsthema zu finden.

"Gut. Wirklich gut... ich meine... naja, es gibt nichts wirklich Interessantes darüber zu erzählen..."

Pacey nickte wieder und sie schwiegen sich wieder an.

"Pacey..." Joey suchte nach Worten. "Warum fragen wir einander nicht einfach das, was uns auf der Zunge liegt? Ich meine... du weißt, was ich meine."

Pacey lächelte.

"Warum bist du zurück nach Capeside gekommen? Ich dachte du wolltest in New York aufs College."

Die Bedienung brachte ihre Kaffees und Pacey wartete ab, bis sie wieder gegangen war.
"Ich war dort, fast ein Jahr lang... Dann hab ich realisiert, dass der einzige Grund, weshalb ich aufs College gegangen bin du warst, weil ich wollte, dass du stolz auf mich bist und weil du geglaubt hast, dass ich es schaffe. Ich bin nicht fürs College geschaffen, Jo, mein Vater hatte immer recht..."

"Das hatte er nicht...", flüsterte sie fast unmerklich und Pacey sah auf. Sekunden sahen sie sich nur in die Augen. "Ich... ich weiß, dass du es geschafft hättest, du... hättest nur jemanden gebraucht, der an dich glaubt... Du hast immer nur jemanden gebraucht, der an dich glaubt." Nach ein paar Sekunden brach sie den Blickkontakt ab.

Pacey wandte den Blick ebenfalls auf die Tischplatte, dann hinaus auf die Straße, auf der Passanten vorbei liefen. "Ich... hatte jemanden, der an mich geglaubt hat..." Joey sah auf. "Ihr Name war Anna... aber... ihr Glaube hat nicht für uns beide gereicht... jedenfalls keine zwei Jahre."

"Das tut mir leid", sagte Joey und nahm einen Schluck von ihrem Kaffee.

Pacey sah wieder zu ihr hinüber. "Es muss dir nicht leid tun. Ich glaube niemand hatte einen so starken Glauben an mich, dass er ausgereicht hätte, damit ich das College schaffe... Niemand außer..." Er räusperte sich und Joey wusste, dass er sie gemeint hatte.

"Pace...", flüsterte sie und er sah ihr in die Augen. Ein paar Sekunden suchte sie nach den richtigen Worten. "Ich... ich wollte dir nie weh tun." Pacey erwiderte nichts. Joey brach den Kontakt zu seinen Augen und sah wieder auf die Tischplatte. "Ich... habe nie etwas mehr bereut als diesen einen Tag. Es ist einfach passiert und... ich werde mich den Rest meines Lebens dafür hassen." Sie sah wieder auf. "Es lag mir nie etwas ferner, als dich zu verletzen."

Sie schluckte, versuchte in seinen Augen zu lesen, was er dachte, so wie sie es früher getan hatte, aber sie konnte es nicht.

Pacey sah hinunter auf ihre Hand, die auf dem Tisch lag. Er ergriff sie, führte sie zu seinem Mund und küsste sie auf den Handrücken. Im Moment dieser kurzen Berührung schlossen beide die Augen.

"Ich hab dir schon vor langer Zeit verziehen", flüsterte er, drückte ihre Hand nochmals und ließ sie dann wieder auf den Tisch gleiten, ehe er sie los ließ. Sie lächelten einander leicht an und nahmen dann beide einen Schluck von ihrem Kaffee, um die unangenehme Stille zu überbrücken.

"Wie geht es deiner Stirn?", fragte Joey, um auf ein anderes Thema zu kommen.

Pacey sah sie verwirrt an. "Meine Stirn? Oh, meine Stirn!" Er lächelte. "Gut, danke, bestens, ich werde keine Narben davontragen."

"Das heißt ich muss keine Angst vor einer weiteren Klage haben?", scherzte Joey.

"Naja, wenn ich es mir recht überlege..." Er zwinkerte.

Sie tranken ihren Kaffee leer und redeten darüber, was in den letzten drei Jahren geschehen war. Joey erzählte von Boston, ihren neuen Freunden und ihrem Ex-Freund Sam, mit dem sie Schluss gemacht hatte, weil er ständig anderen Mädchen nachgestiegen war, davon wie es Brody mit seinem gebrochenen Fuß ging und dass sie um ihr Studium zu finanzieren in einem kleinen Café an der East Side arbeitete.

Pacey erzählte, dass er und sein Vater nicht mehr miteinander sprachen, seit er das College geschmissen hatte, dass Gretchen und Dawson seines Wissens immer noch zusammen waren, auch wenn er nicht so oft dazu kam mit seiner Schwester zu sprechen und dass er mit Dawson gesprochen hatte und sie jetzt wieder zusammen in einem Raum sein konnten, ohne sich an den Hals zu springen, was sie wohl auch mussten, weil Gretchen und Dawson vorhatten zu heiraten.

Letzteres sagte er vorsichtiger, aus Angst, wie Joey darauf reagieren würde, aber Joey freute sich für die beiden, es war einfach zu lange her, dass sie Dawson das letzte Mal gesehen hatte, damit sie das hätte verletzten können und sie war jetzt erwachsener und wusste, dass aus Sandkastenlieben meistens nichts wurde und dass Freundschaften sich auseinanderleben konnten.

Pacey bezahlte die Kaffees, auch wenn Joey entschieden protestierte und dann schlenderten sie gemeinsam die Promenade am Hafen entlang, sich weiter unterhaltend, so als wären sie nie getrennt gewesen.

Als sie an einem Eisstand vorbei kamen, kam Joey auf die glorreiche Idee sich ein Eis zu kaufen. Sie nahm eine Kugel Schokolade worüber Pacey nur den Kopf schüttelte, schließlich war es schon Anfang Oktober.

Sie liefen weiter sie Promenade entlang und nach ein paar Metern fragte Joey, ob er mal kosten wolle und hielt ihm das Eis entgegen. Er blieb stehen und nahm einen Bissen, während er Joey in die Augen sah.

"Mhm, das ist wirklich gut", meinte er überrascht und Joey kicherte etwas, weil er einen Tropfen Schokolade im Mundwinkel hängen hatte.

"Was?", fragte er verwirrt und Joey wischte ihm mit einer Serviette über den Mund.

Sie sahen sich wieder in die Augen und wieder war da so eine Spannung. Joey ließ langsam den Arm sinken, ohne die Augen von seinen abzuwenden. "Da... war etwas Schokolade", sagte sie leise.

Für einen Moment dachte er daran sich zu ihr hinüber zu beugen und sie zu küssen. Sekunden standen sie nur so da, dann schien Joey aus ihrer Trance zu erwachen, ging einen Schritt zurück und sah zu Boden.

Pacey brauchte einen Moment um ebenfalls in die Realität zurück zu kehren und meinte dann: "Lass uns zurück zum Wagen gehen... ich möchte dir etwas zeigen."

Joey drehte sich wieder zu ihm. "Was?"

"Das ist eine Überraschung", meinte er lächelnd.

Sie gingen fast schweigend zurück zum Wagen und auch während der kurzen Fahrt, die sie zu einem abgelegenen Teil der Hafenanlage brachte, sprachen sie fast nichts.

Joey erinnerte sich schon einmal dort gewesen zu sein. Hier hatte Pacey die "True Love" restauriert. Sie parkten den Wagen vor dem großen Tor, das diesen Bereich abschirmte.

"Was tun wir hier?", fragte Joey und sah zu Pacey hinüber.

"Wirst du schon sehen", sagte er und stieg aus.

Joey tat es ihm gleich und folgte ihm zu dem großen Tor, das Pacey durch die Eingabe eines Codes öffnete. Dann ergriff er ihre Hand und führte sie hinter sich her.

Sie liefen durch ein paar Reihen mit Schiffen, ehe sie vor einem stehen blieben.

"Das ist sie." Pacey ließ ihre Hand los und kletterte über die Leiter, die neben dem Boot stand nach oben. Joey sah sich das Boot an, wusste aber nicht, worauf er hinaus wollte.

Als Pacey oben war, drehte er sich um und hielt ihr die Hand entgegen. "Komm nach oben."

Joey tat, was er sagte, kletterte über die Leiter nach oben und ließ sich von ihm über den Rand helfen. Als sie oben stand, sah sie sich noch mal um und blickte dann zu Pacey.

"Was ist das?", fragte sie unschlüssig.

Pacey streichelte liebevoll über die frisch geschliffene Reling. "Das ist die "True Love 2"."

Joey drehte sich einmal im Kreis und blieb dann wieder vor Pacey stehen. "Pacey..."

"Ich hab sie in einem Schrottlager gefunden und dachte, was ich einmal geschafft habe, schaffe ich auch noch einmal... Natürlich wäre mir das Original lieber gewesen..."
Er lächelte und Joey lächelte zurück und ließ sich dann auf dem Boden sinken.

Pacey setzte sich neben sie und legte wie sie auch den Kopf in den Nacken und sah hinauf zu den Sternen.

"Weißt du noch, unser erster Sommer auf diesem wundervollen Schiff?", meinte Joey nach einer Weile.

Pacey hatte Schwierigkeiten seine Stimme wiederzufinden. "Wie könnte ich den vergessen?"

"Es fehlen nur noch die Wellen, die gegen den Bug klatschen und das sanfte wiegen des Schiffes, dann könnte man fast meinen wir wären wieder dort..." Sie sah zu Pacey hinüber und er tat es ihr gleich.

Sekunden vergingen und sie lasen in den Augen des anderen und dann konnte Pacey nicht mehr. Vielleicht lag es an dem Zauber des Augenblickes, vielleicht an diesem Boot, das der "True Love" so ähnlich war und vielleicht wollte es auch einfach das Schicksal so, aber er wusste, dass er sie einfach küssen musste, egal was das für Konsequenzen mit sich bringen würde. Er würde alles in Kauf nehmen nur um noch einmal ihre sanften Lippen auf den seinen zu spüren.

Er beugte sich langsam zu ihr hinüber und ihr Blick wanderte zu seinem Mund. Er wusste genau, dass sie wusste, was er vorhatte, sie hatten sich oft genug vorher geküsst, aber sie wich nicht zurück.

Paceys Gesicht kam dem ihren quälend langsam näher und Joey dachte sie würde zerreißen, so sehr wollte sie seine Lippen spüren, aber sie konnte sich nicht bewegen. Ihr Gewissen trug einen kleinen Kampf in ihrem Inneren aus bei dem es darum ging, ob das hier richtig war.

Als ihre Lippen nur noch wenige Zentimeter voneinander entfernt waren, ließ sie sich fallen und schloss einfach die Augen. Als sich ihre Lippen berührten war alles andere egal. Die Welt und all ihre Probleme verschwammen um sie herum und alles was zählte war sie, Pacey und der Zauber des Augenblicks.

Sie dachte nicht mehr darüber nach, ob es richtig oder falsch war und genoss einfach nur das Gefühl seine warmen Lippen auf ihren zu fühlen.

Der Kuss war sanft und zögerlich. Als sie merkte, wie Pacey seine Lippen wieder von den ihren entfernte, griff sie nach seinem Nacken und zog ihn näher zu sich. Der Kuss wurde intensiver, Joey öffnete ihren Mund und gewährte seiner Zunge Einlass, zog ihn noch näher an sich und Pacey griff an ihre Seite und hielt sie nahe bei sich.

Ihre Lippen trafen sich immer stürmischer und ihre Zungen tanzten leidenschaftlich miteinander. Niemals sollte dieser Moment enden, zum ersten Mal seit drei Jahren waren beide von ihnen wieder uneingeschränkt glücklich.

Sie sanken langsam auf den Boden des Schiffes hinunter, ohne den Kuss abzubrechen, Pacey über ihr. Seine Hand wanderte unter ihre Jacke und unter ihren Pullover und streichelte über die zarte Haut über ihren Rippen, während er sie weiterhin stürmisch küsste.

Dann wanderte sein Mund ihren Hals entlang und ihr entfloh ein "Pace...", ehe sich ihre Lippen zu einem zweiten Kuss trafen. Sie hatte ihn so schrecklich vermisst.

Pacey ließ seine Lippen ein zweites Mal ihren Hals hinunter wandern, während Joey seine Jacke öffnete und ihre Hände ebenfalls unter sein Hemd wandern ließ. Sie streichelte seinen Rücken rauf und runter und merkte, wie seine Küsse fordernder wurden.

"Jo... Warum hat das so lange gedauert?", seufzte er, während er weiter ihren Hals küsste.

Sie fuhr ihm mit ihrer Hand durch die Haare. "Ich weiß es nicht."

Wieder trafen ihre Lippen aufeinander, dann stemmte er sich so weit in die Höhe, dass er ihr in die Augen sehen und sie all seine Liebe und Sehnsucht und das Verlangen sehen konnte. "Lass uns ins Innere gehen", schlug er vor uns sie streichelte ihm über die linke Wange und nickte.

Er rappelte sich auf, streckte ihr seine Hand entgegen und half ihr auf, ehe er sie in die Kajüte führte und von innen die Tür wieder verschloss.

***

Als sie am nächsten Morgen erwachte, war das Erste, was sie spürte, dass jemand mit einem Büschel ihrer Haare spielte, dann streichelte eine Hand ihren Arm entlang und sie fühlte eine Brust an ihren Rücken gepresst.

Sie lächelte mit geschlossenen Augen und öffnete sie schließlich, führte seine Hand zu ihrem Mund und küsste ihn auf die Fingerknöchel, dann drehte sie sich leicht in seine Richtung und sein Kopf erschien über ihrem.

"Guten Morgen." Er lächelte glücklich.

"Guten Morgen." Sie erwiderte das Lächeln und streichelte ihm über die Wange.

Er beugte sich zu ihr hinunter und küsste sie sanft auf dem Mund, dann auf die Stirn. Sie drehte sich wieder zur Seite und er schlang fest seine Arme um sie und vergrub sein Kinn in der Beuge zwischen ihrem Hals und ihrer Schulter.

Sie schloss die Augen und genoss das Gefühl von ihm umarmt zu werden. Sie fühlte sich zum ersten Mal seit Jahren wieder glücklich und sicher.

"Ich will nicht aufwachen", flüsterte sie.

"Wovon aufwachen?", fragte er und küsste ihren Hals.

"Von diesem Traum...", sagte sie leise.

Er umarmte sie noch fester. "Das ist kein Traum. Und selbst wenn es einer wäre, würde ich dich nie wieder aufwachen lassen."

Joey lächelte und drehte sich wieder auf den Rücken, um ihn anzusehen. "Vielleicht werde ich nicht aufwachen, aber aufstehen muss ich, Bessie macht sich sicher sorgen - auch wenn ich praktisch schon erwachsen bin." Sie zwinkerte.

Er lächelte, küsste sie nochmals lange und sanft und nickte dann resignierend. "Besteht die Chance, dass ich dich heute Abend sehe?"

"Da kannst du Gift drauf nehmen." Wieder lächelten sie sich an und standen dann auf, um sich anzuziehen.

Als sie wieder die Leiter nach unten geklettert waren und vor dem Schiff standen, nahm sie Pacey in den Arm und meinte: "Wenn ich sie fertig habe, werden wir damit um die Welt segeln."

Joey lachte, küsste ihn und zog ihn dann zurück zum Wagen.

***

Bessie ahnte was geschehen war, als sie sah, wie sich Joey von Pacey verabschiedete und wie sehr sie strahlte, als sie das Haus betrat. Sie grinste über beide Ohren, als sie Joey fragte: "Na, war's schön?"

Joey lächelte nur vielsagend zurück und ging in ihr Zimmer und anschließend ins Bad, um sich zu duschen.

Als sie wieder aus der Dusche kam, wischte sie mit einem Handtuch den Spiegel sauber, der beschlagen war und sah ihr Spiegelbild an. Wann war sie das letzte Mal so glücklich gewesen? Sie konnte sich nicht erinnern. Es musste sehr lange her sein.

Sie kämmte ihre Haare und zog sich dann an. Einen Teil des Mittages verbrachte sie damit Bessie, die über beide Ohren grinsend am Küchentisch saß, alles zu erzählen.

Sie hatte mit Pacey ausgemacht, dass sie ihn von der Arbeit abholen würde, deshalb fuhr sie um sieben Uhr los nach Capeside hinein. Sie parkte den Wagen auf der entgegengesetzten Seite zur Schreinerei, in der Pacey arbeitete, stieg aus und schloss ihr Auto ab.

Pacey sah sie durchs Schaufenster hindurch und ging hinüber zur Garderobe, um sich schon mal umzuziehen.

Als Joey die Straße überquerte, schoss ein roter Audi um die Ecke. Sie hatte keine Chance mehr auszuweichen, der Wagen erfasste sie und schleuderte sie mehrer Meter durch die Luft. Paceys Herz drohte stehen zu bleiben, als er die Szene durch das Schaufenster beobachtete.

Er rannte nach draußen, betete, dass sie noch lebte, bot dem Teufel seine Seele an dafür, dass sie noch lebte. Sie lag auf dem harten Asphalt, rundherum war Blut verteilt. Sie lebte noch, streckte die Hand nach ihm aus und er kniete sich neben sie.

"Pace...", flüsterte sie.

"Schtt, nicht sprechen Engel, nicht sprechen, es wird gleich ein Arzt kommen, bitte halte durch, nicht sprechen..." Die Tränen liefen ihm über die Wange.

Joey wendete nochmals Kraft dazu auf ihre Hand an seine Wange zu führen und die Tränen weg zu wischen, doch sie verteilte nur Blut darauf.

"Nicht, Jo, bleib ganz ruhig, du musst durchhalten, hörst du, du musst durchhalten", flüsterte er.

"Pace... ich..." Ihre Stimme wurde leiser.

"Du darfst nicht versuchen zu reden, es wird alles gut, ich bin da."

"Die Zeit mit dir... war die schönste Zeit meines Lebens", flüsterte sie.

"Hey, hör auf dich zu verabschieden, unsere Zeit hat erst begonnen!" Pacey fühlte, wie der Kloß in seinem Hals immer größer wurde.

"Pace... ich liebe dich... für immer..." Er konnte ihre Stimme kaum noch hören.

"Jo! Jo, sieh mich an! Ich liebe dich, hörst du, sieh mich an! Jo!" Er fing an zu schluchzen. Er hörte, wie der Krankenwagen kam, wie die Sanitäter ihn baten zurückzutreten.

Er sah zu, wie sie versuchten sie wiederzubeleben. Das war nicht gerecht, er hatte sie gerade erst wiederbekommen, man konnte sie ihr doch jetzt nicht wieder weg nehmen!

Nach 15 Minuten stellten sie die Wiederbelebungsmaßnahmen ein. Einer der Sanitäter kam zu ihm, wollte ihm schonend beibringen, dass Joey gegangen war, doch er stieß den Sanitäter beiseite, packte den Mann, der neben ihr kniete und schrie ihn an, dass er sie nicht einfach aufgeben könne, dass er es noch mal versuchen solle.

Zwei andere Sanitäter kamen, hielten ihn fest und spritzten ihm ein Beruhigungsmittel. Seine Rufe wurden leiser, bis sie schließlich ganz verebbten...

***

Sechs Monate später fand in Capeside die bestbesuchteste Schiffstaufe statt, die es je gegeben hatte. Ein kleines Schiff, gerade groß genug für zwei Personen, wurde mit dem edelsten Champagner auf den Namen "Josephine" getauft und unter dem Namen, in kleinen Lettern stand geschrieben: "My Only True Love".


ENDE
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